- Klimaprozesse und Anmerkungen zum
deutschen Rechtssystem
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- Das kuriose Verfahren Mann gegen Ball habe
ich bereits im Datenkapitel
erläutert.
1) Klimaklagen
Deutschland
2) Klimaklagen Europa
3) Basiswissen zum
BVerfG
4)
Schwachpunkte im deutschen Rechtswesen
1) Klimaklagen Deutschland
In Deutschland wird insbesondere die Entscheidung 1
BvR 2656/18
des BVerfG vom 24. März 2021 diskutiert und als Durchbruch für den
Klimaschutz präsentiert.
Bei genauen Durcharbeiten der Entscheidung zeigt sich jedoch, dass das
BVerfG die 4 Verfassungsbeschwerden in allen wesentlichen Punkten
zerklaubt und abgeschmettert und dem Gesetzgeber mehrfach ausdrücklich
prinzipiell angemessenes Vorgehen bescheinigt hat. Z.B. Rdn 143 („dass
Schutzpflichten verletzt sind kann jedoch nicht festgestellt werden“),
ähnlich Rdn. 153ff, 211, 214 (, 230, 236f, 239ff.
Stattdessen gab es ein verbal breit ausgewälztes symbolisches
Trostpflaster ohne unmittelbare praktische Bedeutung. Das angegriffene
Gesetz gilt weiter. Der Gesetzgeber - nicht etwa die Bundesregierung -
musste lediglich einige Angaben konkretisieren (Rdn. 268) wobei das
BVerfG außer Floskeln wie "vorausschauend", "weitere Vorkehrungen",
"hinreichende Vorkehrungen", "permanente Pflicht", "offene
Gestaltungsspielräume" keine konkreten Vorgaben machte.
Dem ist der Gesetzgeber umgehend durch eine entsprechende
Gesetzesänderung nachgekommen. Einige Kläger hielten diese Änderung
aber für zu gering und legten erneut Verfassungsbeschwerde ein. Das
BVerfG nahm diese Beschwerde jedoch ohne Begründung gar nicht zur
Entscheidung an (1 BvR 188/22 vom 25.5.2022).
Ähnlich erfolglos waren weitere in diese Richtung zielende
Verfassungsbeschwerden (z.B. 1 BvR 1565/21 vom 8.01.2022).
Die Nachbesserungsforderung in der erstgenannten Entscheidung begründet
das BVerfG damit, dass schon jetzt eine erhebliche Reduzierung der
Freisetzung weiterer Treibhausgase geboten sei damit nicht folgende
Generationen zu extremeren und damit freiheitseinschränkenderen
Maßnahmen gezwungen wären.
Insofern folgt das Gericht damit der herrschenden Treibhausgastheorie
und stützt sich auf die Aussagen des IPCC (Rdn. 16). Dabei verkennt das
Gericht jedoch nicht, dass auch die bisherigen Angaben des IPCC
Änderungen erfahren haben und erheblichen Unsicherheiten unterliegen
(Rdn. 161F, 220, 220).
Weiterhin wird auch die Möglichkeit neuer Erkenntnisse und
Entwicklungen
nicht übergangen (Rdn. 262).
Im Grunde genommen ist in dem Urteil alles drinnen um einerseits nicht
bei den aktuellen Klimarettern in Ungnade zu fallen. Andererseits legt
man sich nicht konkret fest und hält sich genug Hintertürchen offen.
Wenn sich später Fehler zeigen dann beruhen die eben auf
Falschinformationen anderer denen das Gericht aufgesessen ist.
Was ich bei dem Urteil kritikwürdig finde bzw. vermisse:
- Übernahme von zweifelhaften und reißerischen Behauptungen wie
Kipppunkte, unumkehrbar, irreversibel (z.B. Rdn. 21, 61, 72, 119, 161,
185,
108, 187).
- Das Gericht scheint durchgängig den Unterschied zwischen Wärme und
Temperatur nicht zu verstehen (z.B. Rdn. 229ff).
- Diverse Nulllaussagen wie z.B. „Der anthropogene Klimawandel ist
unmittelbar ursächlich auf die Konzentration menschlich verursachter
Treibhausgase in der Erdatmosphäre zurückzuführen (Rdn. 119).
Das heißt nichts anderes als „der menschengemachte Klimawandel ist
menschengemacht“. Aber ohne Feststellung, welcher Anteil des
Klimawandels nun menschengemacht und welcher natürlich ist, ist diese
Aussage automatisch immer zutreffend und absolut wertlos.
Dazu ständig neu formulierte Wiederholungen.
- Kein Wort bezüglich Bevölkerungswachstum und vom Menschen
ausgeatmetem CO2.
- Migrationsdruck, Hungersnöte und sogar Kriege werden auch auf den
Klimawandel zurückgeführt statt auf Bevölkerungswachstum (Rdn. 28).
Abgesehen davon sind das leider keine neuartigen Erscheinungen.
- Das Gericht übergeht, dass wir aus einer kleinen Eiszeit kommen und
bereits deshalb ein gewisser Temperaturanstieg zu erwarten ist. Die
Bezeichnung der vergangene kleine Eiszeit als „vorindustrielle Zeit“
suggeriert als Verursachung industrielle Tätigkeit (z.B. Rdn. 24).
- Breite Ausführungen zum für die Zukunft erwarteten Anstieg des
Meeresspiegels ohne Erwähnung, dass es sich um einen seit 20.000 Jahren
anhaltenden zeitweise wesentlich stärkeren Trend handelt (z.B. Rdn. 25).
- Mindestens einer der Beschwerdeführer (Kläger) ist Bewohner einer
Nordseeinsel und befürchtet, dass der Klimawandel den Untergang seiner
Heimatinsel verursachen könnte. Der ständige Landverlust und Untergang
von Inseln in der Nordsee findet sich bereits in alten deutschen
Schulatlanten. Deshalb zu klagen hätte eigentlich mit einer
Missbrauchsgebühr geahndet werden müssen. Hat man sich aber
offensichtlich wegen der breiten Öffentlichkeit nicht getraut.
- Der im vorliegendem Fall zugelassene Ansatz, heute Schutzmaßnahmen
für spätere Generationen einzuklagen, ist rechtlich äußerst
problematisch.
Denn dann müsste man konsequenterweise z.B. auch Klagen in Namen
zukünftiger Generationen gegen heutige Schuldenaufnahmen oder andere
Übel auf Kosten zukünftiger Generationen zulassen.
Oder Klagen in Namen zukünftiger Generationen gegen die heutigen
Abtreibungsregeln weil die das Recht auf das Leben zukünftiger
Generationen bedrohen.
Wenn dieses Fass einmal geöffnet wird werden absurde
Klagekonstellationen möglich.
Übrigens hat der EuGH genau einen Tag später gerade diesen Ansatz als
Grund für die Abweisung der "People's
Climate Case“ Klage genannt. Diese Klage war bereits formal
unzulässig weil die Kläger nicht selbst besonders betroffen waren.
- Das Gericht erklärt die Verhinderung/Begrenzung des
Klimawandels/Temperaturanstiegs zur eindeutigen Priorität gegenüber
Anpassungsmaßnahmen (Schutzmaßnahmen … die die Folgen des Klimawandels
lindern). Z.B. Rdn. 34, 144, 150, 157, 164, etc.
Entscheidungstheoretisch liegt es jedoch so, dass
Anpassungsmaßnahmen mit hoher Sicherheit erfolgreich wären. Schließlich
gibt es bewährte Überlebenserfahrungen aus wesentlich heißeren Ländern
als Deutschland. Und dem steigendem Meeresspiegel kann man rechtzeitig
ausweichen statt vergeblich gegen ihn anzukämpfen.
Der Versuch, den Klimawandel zu begrenzen ist dagegen ein Glücksspiel
mit mehreren Unbekannten. So sind erstens die Ursachen des Klimawandels
unsicher. Zweitens ist unsicher, ob alle anderen bei der Bekämpfung
dauerhaft ernsthaft mitmachen würden. Es gibt Länder die vom
Klimawandel profitieren könnten. Die Wähler könnten
in manchen Ländern nicht mehr mitspielen. Und jede Menge weitere
Unwägbarkeiten ...
Das Urteil wurde auch aus weiteren Gründen von vielen Juristen
kritisiert. Nicht
immer
so zurückhaltend wie normalerweise in der Branche üblich.
Entscheidungen von
Verwaltungsgerichten.
Einige Verwaltungsgerichte haben Regierungen Verstöße gegen
„Klimaschutzgesetze“ oder ähnliches bescheinigt, sprich „sie
verurteilt“.
Dabei haben diese Gerichte jedoch nicht darüber entschieden, ob das
entsprechende Gesetz zweckmäßig ist. Das ist nicht Aufgabe von
Verwaltungsgerichten. Sie haben lediglich darüber entschieden, ob das
Gesetz
eingehalten wurde.
Wenn also z.B. in einem Gesetz konkret steht, dass das Abgas X um y% zu
reduzieren ist, dann liegt ein Gesetzesverstoß vor wenn dies nicht
erreicht wird. Oft geht es in diesem Zusammenhang auch um die Frage ob
bestimmte Anlagen zugelassen werden dürfen.
Oft sind solche Gesetze auch so formuliert, dass sie nur ein relativ
unkonkretes Ziel vorgeben ohne konkrete Maßnahmen zu seiner Erreichung
festzulegen. „Klimaneutralität bis 2050“, „Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen“ oder Verweise auf irgendwelche internationalen
Menschenrechtsverträge und ähnliches ohne weitere Detailvorgaben
wären z.B. so ein unkonkretes Ziel. Damit kann ein Gericht kaum seriös
arbeiten und irgendwann landet so etwas bei Verfassungsgerichten zwecks
Auslegung.
Immer wieder werden der schönen Öffentlichkeitswirkung wegen Gesetze
beschlossen die unrealistisch sind bzw. um der Durchsetzung sich später
keiner mehr ernsthaft kümmert.
Langfristig stellt die Politik sich bzw. ihren Nachfolgern damit selbst
ein Bein. Manchmal kommen sie aus dieser Falle dann nur noch heraus
indem sie das Gesetz später wieder abschwächen, Fristen verlängern, etc.
Zivilklagen
Das bedeutet, dass Personen oder Unternehmen andere Personen oder
Unternehmen auf Schadenersatz oder Unterlassung verklagen. Das
Hauptproblem bei solchen Klagen liegt im Nachweis der Kausalität. War
es wirklich das Handeln von A das den Schaden bei B verursacht hat? Bei
solchen Klagen liegt oft auch eine Vermischung bzw. Konflikt von Klima-
und diversen
anderen Umweltproblemen vor. So wollen die einen zwecks Klimaschutz
Windkraftanlagen, große Stromverbundnetze, mehr Schienenverkehr, etc.
Andere klagen genau dagegen wegen z.B. Arten- und Naturschutz. Hinzu
kommen diverse formale Probleme wie
z.B. Verjährung.
Der wohl berühmteste derartige Fall ist der des peruanischen
Bauern Saúl Luciano. Er hat zum Schutz vor einem tauenden Gletscher
Geld in bauliche Absicherung seines Hauses investiert und hat 2015 den
deutschen Energiekonzern RWE am Landgericht Essen auf Schadenersatz
verklagt. Er argumentiert, dass RWE 0,47 % der weltweiten
Treibhausgasemissionen verursache und deshalb anteilig 0,47% seiner
Absicherungskosten zahlen müsse.
Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen und ist mittlerweile als
Berufung am Oberlandesgericht Hamm anhängig. Dort ist man heute noch,
mithin also mehr als 8 Jahre nach Klageeinreichung, in der
Beweisaufnahme. Das Gericht war inzwischen sogar mindestens ein Mal zur
Ortsbesichtigung selbst in Peru.
Irgendwie habe ich bei dieser Angelegenheit den Eindruck, die Richter
wollen Zeit schinden bis zur Pensionierung bzw. bis höchstgerichtliche
Entscheidungen zum Thema vorliegen.
Nach meiner Meinung hätte diese Klage umgehend abgewiesen werden müssen
mit Hinweis, dass seit Jahrtausenden Eis taut. Früher zeitweise viel
schneller als heute. Es ist nicht ersichtlich warum gerade das aktuelle
bzw. zukünftige Tauen von RWE verursacht sein sollte. Und selbst wenn
man Treibhausgase für verantwortlich hält, dann sollte man zuerst
einmal an das Abholzen
und Abbrennen der Urwälder in Peru denken.
Üblicherweise ist es übrigens nicht wirklich der Bauer X der eine
derartige Klage einreicht. Vielmehr sind es Umweltschutz- oder
Klimaschutzorganisationen oder ähnlich Gruppen die solche Klagen
anregen, vorbereiten, finanzieren und dann formal im Namen eines oder
mehrerer angeblich Betroffener einreichen.
Praktisch geht es mithin darum, politische oder gesellschaftliche Ziele
über die Gerichte durchzusetzen. Formal ist das oft zulässig.
Allerdings kann man einwenden, diese Methode läuft darauf hinaus, die
demokratische Ordnung durch die „Hintertür“ zu umgehen. Denn der
normale Weg wäre, dass von einer Wählermehrheit gewählte Regierungen
für solche Fälle eindeutige Gesetze machen. Und nicht, dass alte
Gesetze solange zurechtgebogen werden bis sie irgendwie das hergeben
was gerade von irgendwelchen lautstarken Gruppen gefordert wird.
Das Gegenargument dagegen ist dann wieder, dass es sich nur um eine Art
Ausgleich für ebenso undemokratische verdeckte Lobbyarbeit von anderen
handele.
2) Klimaklagen Europa
Weiterhin gab es in
verschiedenen
Staaten mehrere vergleichbare Klagen
die überwiegend auf eine „Fürsorgepflicht“ des Staates und diverse
internationale Abkommen zum Klimaschutz gestützt waren bzw. sind. Es
gab sehr unterschiedliche Ergebnisse. Oft waren bereits die formalen
Klagevoraussetzungen nicht erfüllt.
Bekannt ist z.B. eine erfolgreiche Klage gegen die
Niederlande. Ein Land, das aufgrund seiner tiefen Lage, teilweise
unter dem Meeresspiegel geschützt durch Deiche, bei nur wenigen Metern
Meeresspiegelanstieg zu großen Teilen untergehen wird.
Bei praktisch all diesen Verfahren vermisse ich eine echte
Auseinandersetzung mit der Frage, wie weit tatsächlich „Klimagase“
ursächlich sind. Es werden einfach die üblichen
IPCC- Behauptungen (ca. 55 verschiedene Modelle) als angeblicher
wissenschaftlicher Konsens übernommen. Wer einmal erlebt hat wie
pingelig in normalen Klagen die Kausalität bewiesen werden muss kann
sich da nur wundern. Offen bleibt z.B.:
- Warum ist das Eis früher ohne „menschengemachte Treibhausgase“
schneller getaut als aktuell?
- Warum wird das von Menschen ausgeatmete CO2 ausgeklammert und die
Bevölkerungsexplosion tabuisiert?
- Warum das ständige Durcheinanderwerfen von Wärme und Temperatur?
- Warum kein entscheidungstheoretisches Abwägen zwischen Vermeidungs-
und Anpassungsstrategien?
In dem Verfahren am EGMR
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg) wurden
mehrere Klagen zusammen verhandelt. Z.B. Klagen von Einzelpersonen wie
mehreren schweizerischen Seniorinnen und portugiesischen Kindern sowie
von einer Organisation (Verein KlimaSeniorinnen Schweiz).
Die Seniorinnen fühlten sich aufgrund ihres Alters durch die
Klimaerwärmung besonders gefährdet. Die portugiesischen Kinder
befürchteten gegenwärtige und zukünftige Gefahren durch den Klimawandel.
Die Klagen der Einzelpersonen wurden sämtlich aus formalen Gründen
abgewiesen. Mal war der nationale Rechtsweg nicht ausgeschöpft (Klagen
beim EGMR sind in der Regel erst zulässig wenn vorher alle normalen
nationalen Instanzen erfolglos ausgeschöpft wurden), mal fehlte die
erforderliche direkte persönliche Betroffenheit (victim status –
abstrakte theoretische Betroffenheit reicht nicht), mal ging die Klage
zu weit (gegen Portugal und gleich 32 weitere Länder).
Zulässig war dagegen die Klage des Vereins Klimaseniorinnen. Das
Gericht befand, dass unter bestimmten Bedingungen Organisationen im
Sinne von Allgemeininteresse klageberechtigt sein können auch wenn die
einzelnen Mitglieder nicht die an sich erforderliche direkte
persönliche Betroffenheit (victim status) aufweisen.
Im Bezug auf diese zulässige Klage urteilt der EGMR, dass die Schweiz
es unterlassen hat angemessene Vorschriften und Maßnahmen zur
Abmilderung der Folgen des Klimawandels zu unternehmen (legislation and
measures to mitigate the effects of climate change).
Weiterhin wird gerügt, dass die Schweizer Behörden und Gerichte in den
nationalen Vorverfahren unzureichend untersucht und begründet hätten
(inadequate and insufficient considerations).
Hier die Begründung des EGMR in Kurzform
– und hier ausführlicher.
Das Urteil erging mit 16 gegen 1 Richterstimmen. Ganz unten unter dem
vollständigen Urteil die hoch interessante
abweichende Meinung des Richters Tim Eicke (Deutsch-Brite als Richter
für das UK am EGMR).
Meine Kritikpunkte:
- Die Klageberechtigung von Organisationen wegen abstrakten,
theoretischen Bedrohungslagen, ohne dass tatsächliche konkrete
Betroffenheit vorliegt, ist zwar in einigen Ländern inzwischen unter
bestimmen Bedingungen zulässig, erscheint mir aber in vielen Fällen
bedenklich (Klagevereine die so gewonnene Öffentlichkeit zum Sammeln
von Spenden nutzen, Durchsetzung politischer Forderungen entgegen
Wahlergebnissen, etc.).
Das Gericht räumt selbst ein, dass solche Klagen vorliegend eigentlich
nicht zulässig sind, andererseits aber ausnahmsweise irgendwie dann
doch zulässig sein könnten (The exclusion of general public-interest
complaints (actio popularis) under the
Convention requires, however …)
Kurz: Man fügt dem aktuell herrschenden öffentlichen Druck.
Tatsächlich engt diese Entscheidung die Klagebefugnis von
Einzelpersonen zugunsten der Klagebefugnis von Organisationen ein. Wer
nicht Mitglied im richtigen Verein ist hat bald keine Chance mehr? Und
das als Vorgabe von einem Menschenrechtsgericht.
- Im Ergebnis ist das Urteil schlicht unklar. Einerseits ist mehrfach
von Maßnahmen gegen den Klimawandel die Rede (Suchbegriffe z.B. „carbon
budget“, „greenhouse gas (GHG)“).
Andererseits geht es um Maßnahmen gegen die Auswirkungen des
Klimawandels (effective protection … from the serious adverse effects
of climate change, to mitigate the effects of climate change). Für
letzteres würde z.B. die Verteilung von Klimaanlagen reichen.
Ja was denn nun? Das Gericht räumt selbst ein, dass sie nichts
Konkretes vorgeben können „the Court found that it could not be
detailed or prescriptive as regards any measures to be implemented ...“
- Das Gericht schafft Stück für Stück selbst neue Grundrechte. Dabei
ist es aber an die in der Europäischen Menschenrechtskonvention einzeln
aufgeführten relativ eindeutig definierten Grundrechte gebunden und
darf diese nicht selbstständig immer breiter mit neuen Nebenrechten
auswalzen. Gerichte dürfen sich nicht zum Gesetzgeber aufschwingen.
- Der EGMR wirft einerseits den Schweizer Behörden und Gerichten
ungenügende Untersuchung und Begründung vor, bleibt andererseits selbst
aber eine substantiierte Begründung schuldig. Außer den üblichen
Phrasen wie „compelling scientific evidence“, „confirmed by scientific
knowledge“, „sufficiently reliable indications“, „Intergovernmental
Panel on Climate Change (IPCC)“, unterbleibt jede eigene
Auseinandersetzung mit dem Thema.
Das grenzt an Satire: Das Gericht räumt selbst ein, dass die Klage an
sich nicht zulässig ist, und ebenso, dass es dazu nichts wirklich
entscheiden kann. Aber man stellt fest, dass die Schweiz irgendwas
irgendwie unterlassen hat.
Reiner Populismus. Ein symbolisches Zugeständnis an den Zeitgeist ohne
jegliche
konkrete Festlegung. Und das ausgerechnet gegenüber der Schweiz wo fast
jede Kleinigkeit mittels Volksabstimmungen entschieden wird .
Der beiden Schweizer Parlamente (Ständerat
und Nationalrat)
haben entsprechend auch umgehend das Urteil als Kompetenzüberschreitung
bezeichnet ("Ein ultrawirres Urteil“) und mitgeteilt, dass sie ihm
keine Folge leisten werden.
Inzwischen sind neue Klimaklagen in Straßburg anhängig. Die müssen sie
dann entweder wieder aus formalen Gründen abweisen oder endlich
konkreter werden.
Etwas Basiswissen zum EGMR:
Dieses Gericht gehört zum Europarat. Das ist
eine andere Organisation als die EU, und das Gericht hat folglich
nichts mit dem EuGH in Luxemburg zu tun.
Aufgabe des EGMR ist die Überwachung der Einhaltung der Europäischen
Menschenrechtskonvention.
Dazu hat das Gericht eine eigene Verfahrensordnung
(Rules of Court)
die allerdings von Zeit zu Zeit geändert/angepasst wird.
Theoretisch sind die Urteile des EGMR für alle beteiligten Staaten
bindend. Praktisch werden sie jedoch manchmal ignoriert. Ein Mittel zur
zwangsweisen Durchsetzung gibt es nicht.
Beschwerdevoraussetzungen: Ein Beschwerdeführer muss in seinen in der
Europäischen MRK beschriebenen Grundrechten selbst unmittelbar direkt
verletzt werden. Er muss den nationalen Rechtsweg ausgeschöpft haben
(in D in der Regel also erfolglos alle Instanzen incl. BVerfG
durchlaufen haben) und in Straßburg bestimmte streng gehandhabte
Fristen und Formalien einhalten (Details auf der Homepage des EGMR).
Ich habe die Arbeit des EGMR über mehr als 40 Jahre intensiv beobachtet
und bin im Ergebnis enttäuscht und frustriert. Juristen sprechen
bisweilen auch von einer „Gerichts-Attrappe“. Wieder einmal wurde eine
an sich gute Idee aus diversen Gründen an die Wand gefahren:
- Im Fall Koenig (dem ersten Fall bei noch ganz anderer
Verfahrensordnung) haben sie nahezu 100 Seiten über Zulässigkeit
diskutiert. Nachdem die Zulässigkeit geklärt war wurde die Beschwerde
mit ganz wenigen Sätzen als unbegründet abgeschmettert.
- Später wurden die Begründungen immer kürzer und hatten in einigen mir
bekannten Fällen gar nichts mit dem Kern der eingereichten Beschwerde
zu tun. Es lag der Verdacht nahe, dass der Beschwerdetext im Laufe der
Bearbeitung (Übersetzungen) verändert wurde. Akteneinsicht in diese
Übersetzungen wurde verweigert.
Also ein Gericht das andere Gerichte bzw. Staaten wegen verweigerter
Akteneinsicht rügt, verweigerte selbst Akteineinsicht.
- Mindestens in einem Fall war der Staat, gegen den sich die Beschwerde
richtete, aber über die Details genauestens informiert und versuchte,
den Beschwerdeführer zu kriminellen Handeln zu verleiten. Offenbar um
ein Druckmittel gegen ihn zu schaffen. Straßburg hatte kein Interesse
an Aufklärung.
Dazu passt, dass das deutsche Bundesministerium der
Justiz auf seiner Homepage ein falsches
Formular für Beschwerden beim EGMR anbot. Wer dieses Formular
benutzte wurde in Straßburg gleich aus formalen Gründen endgültig
abgewiesen.
- Wieder etwas später gab es immer öfter gar keine Begründung mehr.
Beschwerdeführer erhielten Bescheide die einem Computerausdruck
ähnelten mit Texten wie: „Es liegt kein Grundrechtsverstoß vor. Die
Akten werden in 6 Monaten vernichtet. Rückfragen werden nicht
beantwortet“.
Der EGMR selbst begründet die Mehrzahl seiner Entscheidungen mithin gar
nicht mehr, rügt aber, wie in obiger Klimaklage, gerne andere Gerichte
wegen fehlender Begründung.
- Dann wurde eingeführt, dass Fälle in denen den Beschwerdeführern kein
„erheblicher Nachteil“ entstanden ist als unzulässig zurückgewiesen
werden können (Art. 35
Abs. 3b).
- Weiterhin wurde eingeführt, dass ein Einzelrichter eine
Beschwerde endgültig streichen kann. In solchen Fällen gibt es
offensichtlich häufig keine nachvollziehbare Begründung.
- Es ist sicherlich zutreffend, dass der EGMR ebenso wie das BVerfG mit
Beschwerden überschwemmt werden. Aber einfach immer wenige Beschwerden
ernsthaft zu bearbeiten führt im Ergebnis dazu, dass es für nationale
Gerichte und Behörden immer risikoloser wird gegen Grundrechte zu
verstoßen. Das wiederum führt zu mehr Betroffenen und Beschwerden. Die
Einrichtung des Gerichts verfehlt ihren Zweck.
Bemerkenswert ist, dass viele prominente Fälle wie z.B. Caroline von
Monaco oder Fälle mit starker Öffentlichkeitswirkung wie vorliegend
Klimaklagen dagegen ausführlich behandelt werden. Pech für alle die
nicht prominent sind und keine Unterstützung durch die Presse haben,
- Und die, die trotz allen Hindernissen doch eine erfolgversprechende
Beschwerde vor dem EGMR bis in das Entscheidungsstadium gebracht haben,
werden dann von der bundesdeutschen Regierung oft im letzten Moment „herausgekauft“.
Das heißt, man bietet ihnen Geld damit sie ihre Klage zurückziehen und
dadurch ein öffentliches Präzedenzurteil gegen Deutschland und damit
auch eine Blamage für das BVerfG vermieden wird.
- Trotz allem ist der EGMR insofern nützlich als er wenigstens in
einigen Fällen eine Überprüfung von Entscheidungen des deutschen BVerfG
bietet. Dadurch ergibt sich ein zumindest theoretischer Kontrolldruck
auf das BVerfG.
Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass es in Genf auch
noch eine UN-Organisation namens United
Nations Human Rights Committee gibt bei der man sich theoretisch
auch über Menschenrechtsverletzungen beschweren kann. Theoretisch
deshalb, weil alle mir bekannten Beschwerdeführer von dort nicht einmal
eine Eingangsbestätigung geschweige denn eine Bearbeitung oder
Entscheidung erhielten.
Diese mir bekannten Fälle erfolgten deutlich vor dem Jahr 2000. Es wäre
denkbar, dass sich die Situation inzwischen gebessert hat.
3) Basiswissen zum BVerfG
In den meisten Fällen wenn in der Presse
umfangreich über Entscheidungen des BVerfG berichtet wird handelt es
sich um sogenannte
Organklagen oder ähnliche Verfahren. Das sind Streitereien zwischen
„denen da oben“ wie z.B. Bundesregierung, Bundestag, Bundesländern,
Abgeordneten, Parteien, usw. Solche Klagen, soweit sie im Einzelfall
zulässig sind, werden meist ausführlich verhandelt, begründet und in
der Presse berichtet und kommentiert.
Das führte dazu, dass das BVerfG bei vielen Bürgern einen
ausgezeichneten Ruf als „Bewahrer von Recht, Ordnung und Demokratie“
hat.
Die Realität sieht aber leider anders aus. Der ehemalige Präsident des
BVerfG Voßkuhle hat z.B. bei einer lockeren Feier mit deutschen
Studenten in Oxford einmal exemplarisch
angedeutet, mit welchen Verfahrensmethoden das BVerfG unliebsame
Angelegenheiten verzögern und verschieben kann bis sie sich von selbst
erledigt haben.
Oft interessanter als die in der Presse kommentierten Entscheidungen
sind die vereinzelt anzutreffenden Minderheitsvoten (abweichende
Meinungen einzelnen Richter). Interessant z.B. hier die „Abweichende
Meinung des Richters Müller“ (auf der aufgerufenen Seite ganz
unten). Da führt ein Einzelrichter die Willfährigkeit seiner Kollegen
am BVerfG erbarmungslos vor.
Bei der ganz große Mehrheit aller Verfahren am BVerfG handelt es sich
allerdings gar nicht um Organklagen sondern um Verfassungsbeschwerden
über deren Hintergründe und Details der Normalbürger nahezu nie etwas
erfährt.
Mit einer Verfassungsbeschwerde kann jeder Bürger, auch ohne Anwalt und
theoretisch kostenlos, die Verletzung seiner Grundrechte durch deutsche
öffentliche Gewalt (Behörden, Gerichte) rügen. Der Betroffene muss
selbst direkt unmittelbar betroffen sein und sein Schaden muss auf der
Grundrechtsverletzung beruhen. Z.B. ein nur „falsches Urteil“ reicht
nicht solange das nicht direkt auf eine Grundrechtsverletzung
zurückgeführt werden kann.
Vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde muss der gesamte mögliche
„normale Rechtsweg“ ausgeschöpft sein. Das und diverse weitere Details
werden in der Regel streng gehandhabt, so dass viele
Verfassungsbeschwerden schon daran scheitern. Allerdings gab es immer
wieder erstaunliche Ausnahmen wo Eingaben bearbeitet wurden die in
vergleichbaren Fällen ohne viel Federlesens abgeschmettert wurden.
Das Hauptproblem ist, dass Verfassungsbeschwerden nur dann bearbeitet
werden wenn sie vom Gericht „angenommen“ werden. Zwar gibt es durchaus Vorschriften
wann eine Verfassungsbeschwerde angenommen werden muss und das
Gericht betont auch immer wieder, dass jede Beschwerde vor der
Annahmeentscheidung gründlich beurteilt wird, aber viele, in manchen
Jahren offenbar über 75% aller Beschwerden, werden ohne mitgeteilte
Begründung nicht angenommen („leere Blatt Entscheidungen“).
Manchmal wird sogar ohne Begründung eine „Missbrauchsgebühr“
auferlegt.
Selbst Anträge von Abgeordneten werden zuweilen ohne nachvollziehbare
Begründung abgeschmettert. Da heißt es dann z.B. der Antrag sei "von
vorneherein unzulässig". Warum wird nicht gesagt. Auf diese Art
stellt das BVerfG sicher, dass keiner diesen Antrag so stellen kann,
dass sie ihn als zulässig durchgehen lassen müssen.
Zur Begründung für die fehlenden Begründungen wird meist der notwendige
Aufwand angeführt. Das erscheint vielen Insidern vorgeschoben. Wenn
schon angeblich jede Beschwerde intern ausführlich beurteilt wird,
warum kann man diese Begutachtungen nicht mitteilen? Vermutlich doch
nur weil man eine Diskussion bezüglich zahlreicher fragwürdigen oder
ganz fehlenden Ausführungen vermeiden will.
Und in den eher seltenen Begründungen finden sich oft auch nur
Ausführungen wie „… wird nicht ausreichend dargelegt wodurch
Grundrechte verletzt sein sollen“.
Unter erfahrenen Juristen fallen da schon mal Ausdrücke wie „Willkür“
oder gar
„Terror“.
Es ist auch gar nicht sicher, dass eine reihenweise Abweisung von
Verfassungsbeschwerden zu einer Arbeitserleichterung des Gerichts
führt. Viele Beschwerden beziehen sich auf Verletzungen von
Prozessgrundrechten (z.B. Rechtliches Gehör oder Gesetzlicher Richter,
wird weiter unten ausgeführt werden) die an manchen Gerichten schon
fast routinemäßig erfolgen. Würde das BVerfG hier endlich konsequent
durchgreifen und allen entsprechenden Beschwerden stattgeben, dann
würden solche Vorkommnisse schnell unterbleiben und sich damit auch die
Anzahl darauf gestützter Verfassungsbeschwerden vermindern.
Zu den nicht angenommenen und damit rundweg abgewiesenen
Verfassungsbeschwerden gibt es außer Statistiken keine offiziellen
Veröffentlichungen. Ausführungen auf der Seite des BVerfG wie „Alle
Senatsentscheidungen und wichtige Kammerentscheidungen werden auf der
Internetseite des Gerichts veröffentlicht“ bedeuten damit nichts
anderes, als dass die restlichen gut 95% eben nicht veröffentlicht
werden.
Es wäre wünschenswert wenn sich endlich eine unabhängige Person oder
Organisation findet die auf einer Internetseite eine Sammlung von gut
begründeten Verfassungsbeschwerden veröffentlicht die auf diese Weise
in Karlsruhe still und leise unter den Tisch gekehrt wurden.
Obwohl, wie weiter oben dargestellt, auch der EGMR in Straßburg
ziemlich willkürlich arbeitet, so hat er doch schon vielfach vom BVerfG
ohne Begründung nicht angenommene Beschwerden später als berechtigt
eingestuft. Beispiel.
In der Praxis muss man jedoch damit rechnen, dass auch absolut
berechtigte Beschwerden sowohl beim BVerfG als auch bei EGMR ohne
Begründung nicht behandelt werden. Über die wenigen, die erfolgreich
sind oder wenigstens behandelt werden, quasi als Nachweis der
Existenzberechtigung dieser Gerichte, berichtet dann die Presse und der
Normalbürger fühlt sich in seiner Gewissheit bestätigt, in einem
funktionierenden Rechtsstaat zu leben.
Hinzu kommen, wie ebenfalls bereits oben aufgezeigt, die vielen Fälle
wo Deutschland erfolgversprechende Beschwerden in Straßburg im letzten
Moment herausgekauft
hat damit die fehlerhaften davor liegenden Entscheidungen des
BVerfG vertuscht werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass nur relativ wenige Beschwerdeführer
nach einer Abweisung durch das BVerfG auch noch zum EGMR gehen, ist die
Anzahl der derart bestätigten Fehlentscheidungen des BVerfG
erschreckend hoch.
Ähnlich hat das BVerfG Fälle ohne Begründung abgewiesen ohne auf die
vorliegende zwingende Rechtsprechung des EuGH einzugehen. Z.B. die Spickmich-Klage
(Nennung von Lehrernamen auf Internetseite) gegen EuGH Entscheidung im Fall
Lindqvist. Warum eine Namensnennung statt z.B. „Lateinlehrerin
Klasse 6b“ zur Wahrung der Meinungsfreiheit notwendig sein sollte,
obwohl gar keine namentliche
Suche
möglich war, bleibt ein Rätsel.
In anderen EU-Ländern haben die Gerichte die EuGH-Entscheidung schlicht
konsequent umgesetzt statt sie ins Gegenteil zu verdrehen.
Oft drängt sich der Eindruck auf, dass es um eine Disziplinierung der
Bürger geht, und darum, die Erfolgsquote von Verfassungsbeschwerden
nicht über 3% steigen zu lassen.
Ein weiteres Ärgernis ist, dass das BVerfG als höchstes Gericht
offensichtlich meint über den Gesetzen zu stehen. So stellte das
Verwaltungsgericht Karlsruhe fest, dass das BVerfG zu Unrecht einer
Journalistin Auskünfte
verweigert hatte.
Später stellte sich zudem heraus, dass das BVerfG in diesem
Rechtsstreit einer fremden Anwaltskanzlei ein absurd
hohes Honorar gezahlt hatte statt sich wie üblich selbst zu
vertreten.
Inzwischen läuft eine weitere
Klage gegen das BVerfG wegen Verweigerung von Auskünften …
Die Richter
am BVerfG werden von Politikern bestimmt und sind oft selbst
ehemalige Politiker. Aktuell ist in der Diskussion diese Prozedur
detailliert im
Grundgesetz zu fixieren damit sie zukünftig nur mit 2/3 Mehrheit
geändert werden kann.
In anderen Ländern versteht man unter Demokratie, dass eine neue
Mehrheit schnell und direkt Änderungen bewirken kann. Im UK z.B. wurden
innerhalb meiner Lebenszeit manche Einrichtungen mehrfach verstaatlicht
und wieder privatisiert.
In Deutschland verstehen viele dagegen unter Demokratie, die
herrschenden Verhältnisse so zu vernageln, dass eine neue Mehrheit
möglichst wenig ändern kann. Das nennen sie „Schutz der Demokratie“.
Man kann es auch als Schutz der einmal eingerichteten eigenen
Privilegien sehen.
Als in Polen eingeführt wurde, dass das dortige Verfassungsgericht
grundsätzlich alle Klagen in Eingangsreihenfolge bearbeiten und
begründen muss, wurde das in Deutschland als Eingriff in den
Rechtsstaat bezeichnet. Das Gericht könne damit nicht mehr selbst
bestimmen was wichtig und was unwichtig sei.
Allerdings ist die Eingangsreihenfolge ein objektives Kriterium während
die nicht einmal offen begründete Meinung von politisch ausgewählten
Richtern, welche Klagen wichtig sind, alles andere als objektiv ist.
Und wenn sie wirklich überlastet sind warum schafft man nicht einfach
zusätzliche Richterstellen/Senate die, wie im
Gesetz vorgeschrieben, alle entsprechenden Verfassungsbeschwerden
bescheiden könnten? Aber genau das wird durch die geplante
Grundgesetzänderung verhindert.
Hinzu kommt noch, dass in Deutschland bereits das Wahlsystem so
konstruiert ist, dass man mindestens ca. 60% der Wählerstimmen braucht
um 66% der Abgeordneten zu stellen. In vielen Ländern mit z.B.
Mehrheitswahlsystem braucht man nur rund 1/3 der Wählerstimmen um 2/3
der Parlamentssitze zu besetzen. Sind die alle undemokratisch? Wobei zu
bedenken ist, dass die meisten sich ihr Wahlsystem selbst in
Volksabstimmungen ausgesucht haben und diese sich länger bewährt haben
als die diversen deutschen Wahlsysteme.
Neben den beschriebenen Missständen bei Verfassungsbeschwerden gibt es
auch noch das wenig bekannte Problem, dass das BVerfG seine in der
Presse oft ausführlich diskutierten größeren Entscheidungen in der
Praxis nicht durchsetzen könnte. Das BVerfG alleine kann weder direkt
Gerichtsvollzieher, Polizei oder Militär anweisen, etwas zu erzwingen.
An sich gilt die Regel, dass rechtskräftigen gerichtlichen
Entscheidungen selbst dann Folge zu leisten ist, wenn die Betroffenen
die Entscheidung für „falsch“ halten. Sogar dann wenn sie tatsächlich
falsch ist. Ausnahme allerhöchstens wenn sich bei Durchführung ganz
erhebliche unvorhergesehene Gefahren ergeben.
Jedoch ist z.B. der Fall
der Stadt Wetzlar bekannt, die Anordnungen der Verwaltungsgerichte
und schlussendlich auch des BVerfG schlicht ignoriert hat - ohne
ernsthafte Folgen.
Das BVerfG wäre im Ernstfall mithin alles andere als ein wirksamer
Schutz des bestehenden Systems z.B. bei einer illegalen
„Machtübernahme“.
Hinzu kommt, dass sich das BVerfG durch seinen eigenen lockern Umgang
mit Gesetzen
selbst leicht angreifbar gemacht hat.
Insgesamt gibt es wirklich keinen Grund auf das BVerfG besonders stolz
zu sein. Eine gründliche Reform ist schon lange überfällig.
Man könnte sogar der Meinung sein, die exzessive Nichtannahmepolitik
des BVerfG und einige andere Vorfälle sollten einmal strafrechtlich
aufgearbeitet werden. Aufgrund der Weisungsgebundenheit der
Staatsanwaltschaften im deutschen Rechtssystem ist das bei den
aktuellen politischen Mehrheiten aber nicht zu erwarten.
Nebenbei sei erwähnt, dass auch
die Bundesländer Verfassungsgerichte haben. Einige davon heißen
„Staatsgerichtshof“ und nicht bei jedem sind sogenannte
Individualbeschwerden (Grundrechtsbeschwerden, Verfassungsbeschwerden
oder ähnl.) zulässig.
Die Anrufung eines Landesverfassungsgerichts gehört nicht zur vom
BVerfG geforderten Rechtswegerschöpfung. Man kann dadurch sogar die
Frist zur Einlegung einer Beschwerde beim BVerfG versäumen.
4) Schwachpunkte im
deutschen Rechtswesen
Viele Deutsche halten das deutsche Rechtssystem
selbstverständlich
allen anderen überlegen und sehen mit Unverständnis auf für sie fremde
Dinge wie Jury-Gerichte, case law, discovery, subpoena, usw.
Für Überheblichkeit besteht hier aber kein Anlass. Am fairsten geht es
sicherlich in Frankreich zu. Zwar in Details verbesserungswürdig aber
die Revolution hat bis heute bleibende positive Spuren hinterlassen.
Deutschland liegt irgendwo im Mittelfeld oder dahinter.
In der Praxis hängt es aber nicht nur am Rechtssystem sondern natürlich
auch daran, was der Einzelne daraus macht. Also eigene Kenntnisse und
Fähigkeiten. Auch der erfahrenste Jurist wird eingestehen müssen, dass
er den einen oder anderen an sich sicheren Fall durch eigene
Dämlichkeit verloren bzw. einen höchst unsicheren Fall allein durch
Dämlichkeit des Gegners gewonnen hat.
Einige Beispiele:
Rechtliches Gehör
(Prozessgrundrecht, Grundgesetz
Artikel 103). Damit ist gemeint, dass jede Partei, im Zivilprozess
also Kläger und Beklagter, Gelegenheit bekommt sich zu sämtlichem
Vorbringen der Gegenseite zu äußern bevor das Gericht endgültig
entscheidet.
Ein Verstoß wäre mithin wenn jemand verurteilt wird ohne vorher
überhaupt von dem Verfahren gegen ihn zu erfahren. Selbst dieser
Extremfall kommt vor.
Im krassesten Fall den ich erlebt habe lief eine Klage durch 3 Gerichte
und der Beklagte erfuhr erst durch die Zustellung eines Beschlusses des
3. Gerichts, dass da etwas gegen ihn anhängig war. Oder vielmehr nicht
gegen ihn denn die Klage richtete sich eigentlich gegen einen anderen
und als Beweismittel war ein nie rechtskräftig gewordener Beschluss
eines 4. Gerichts vorgelegt worden.
Eine Kleinigkeit die leicht geklärt werden hätte können wenn der
Beklagte
rechtzeitig Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekommen hätte.
Es gibt versteckte Fälle der Verletzung des Rechtlichen Gehörs bei
denen die Betroffenen gar nicht mitbekommen, dass ihnen irgendwo eine
entscheidende Stellungnahme verwehrt wurde, weil ihnen nicht bewusst
ist durch welche Stationen in Bürokratie und Justiz ein Verfahren läuft.
An sich gibt es diverse Rechtsbehelfe wie Anhörungsrüge oder Einspruch
gegen Versäumnisurteil zur Korrektur solcher Pannen. Aber in der Praxis
stellen sich einige Richter in solchen Fällen stur und kommen damit
durch. Nur keinen eigenen Fehler zugeben. Die wissen genau, dass nur
wenige Kläger bis zum BVerfG gehen und dort die Chance auf Annahme der
entsprechenden Verfassungsbeschwerde oder auch nur Begründung für
Nichtannahme minimal ist.
Deshalb wäre es wichtig, dass das BVerfG derartige
Verfassungsbeschwerden grundsätzlich konsequent behandelt.
Gesetzlicher Richter
(Prozessgrundrecht, Grundgesetz
Artikel 101).
Damit ist gemeint, dass der für einen Fall zuständige Richter nach
einem vorher bestimmten festen Schema bestimmt wird. So soll verhindert
werden, dass bestimmte Fälle absichtlich besonders geneigten oder
abgeneigten Richtern zugeschoben werden.
In der Praxis ist das zweistufig organisiert. Zuerst ergibt sich aus
Gesetzen welches Gericht zuständig ist.
Und an jedem Gericht wird jährlich im Voraus ein
Geschäftsverteilungsplan aufgestellt. Dort heißt es z.B. Richter X ist
zuständig für alle Kläger mit Anfangsbuchstaben A-D, Richter Y für
Anfangsbuchstaben E-G, usw. Es gibt auch andere Verteilungssysteme.
Wesentlich ist jedoch, dass sich eine eindeutige Zuständigkeit ergibt.
Die Praxis sieht, insbesondere an manchen Amtsgerichten, jedoch so aus,
dass sich Richter mehr oder weniger ihre Fälle nach Wunsch herauspicken
oder tauschen. Dazu haben sie oft unendlich flexible Regeln für
Vertretung, bei Überlastung, usw. in ihren Geschäftsverteilungsplan
eingebaut.
So habe ich es z.B. erlebt, dass bei einer Klage bezüglich Streiterei
in einem Internetforum sich ein Richter den Fall schnappte der selbst
unter Pseudonym in diesem Forum schrieb. Also genau das, was durch die
Vorschrift eigentlich verhindert werden sollte.
In einem anderen Fall, die Zuständigkeit war an sich eindeutig durch
das Gesetz geklärt, schoben sich zwei Richter einen Fall so hin und her
dass er nie zur Verhandlung kam. Eine Grundrechtsbeschwerde beim
Staatsgerichtshof Hessen wurde ohne Begründung nicht
zur Entscheidung angenommen.
Sowohl Verletzungen des Rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) als auch des
Gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) sind ausdrücklich mittels
Verfassungsbeschwerde angreifbar. Bloße Theorie wie oben aufgezeigt!
Abänderungsverbot z.B. §
318 ZPO. Dies besagt, dass ein Gericht sein eigenes Urteil nach der
Verkündung nicht mehr ändern darf. Damit soll einerseits verhindert
werden, dass nach der Urteilsverkündung Druck auf ein Gericht ausgeübt
werden kann.
Anderseits ermöglicht diese Reglung einem Richter jedoch Vorbringen zu
„übersehen“ oder „misszuverstehen“. Da wird eine Klage z.B. abgewiesen
weil angeblich keine Begründung, keine Beweise, keine
Schadensberechnung usw. vorgetragen worden sei obwohl genau dies
seitenweise ausführlichst erfolgt war. Unter 4 Augen sagt der Richter
dann kalt lächelnd „Muss ich wohl übersehen haben. Kann man jetzt
leider nichts mehr ändern“.
Wenn es kein Rechtsmittel gibt ist dann wirklich Endstation. Bei
manchen Richtern ist schon nach wenigen Sätzen in der Verhandlung klar,
dass er die Klage abweisen wird. Es bleibt nur noch offen was er
„übersehen“ oder „missverstehen“ wird.
Das Problem wäre ganz leicht zu beseitigen wenn Gerichte einen Entwurf
des Urteils vorlegen müssten und die Parteien z.B. 7 Tage Zeit hätten
auf derartige Irrtümer hinzuweisen bevor das Abänderungsverbot greift.
Kleinere Fehler wie Schreib- oder Rechenfehler sind zwar theoretisch zu
berichtigen. Aber auch daran halten sich manche Gerichte nicht.
Z.B.
habe ich erlebt dass sich das OLG Celle weigerte, eine falsche
Streitwertberechnung (Additionsfehler 500 statt 11.500) zu korrigieren.
Verhandlungsprotokoll. Aus
US-Gerichtsfilmen kennen wir wie Verhandlungen wörtlich
mitprotokolliert werden. Ähnlich läuft es selbst in manchen
berüchtigten Mafia-Staaten.
Nicht so in Deutschland. Hier ist tatsächlich nur die Protokollierung
einiger Formalitäten vorgeschrieben (Zivilprozess, Strafprozess,
Strafprozess).
Das sind meist nur wenige Sätze. Und oft wird auch nur auf andere
Schriftsätze verwiesen. Manche Richter protokollieren freiwillig viel,
andere nur das vorgeschriebene Minimum und lehnen jeden Antrag auf
weitere Aufnahmen ins Protokoll ab.
Theoretisch wird das Protokoll von einem unabhängigen Urkundsbeamten
aufgenommen. Aber auch davon kann das Gericht absehen.
Im Protokoll heißt es neben einigen Formalien dann oft nur „Es wurde
zur Sache verhandelt“ oder „Der Angeklagte wurde vernommen“. Aber kein
echtes Wortprotokoll. Stattdessen stützt sich das Gericht nach vielen
Stunden oder Tagen Verhandlung allein auf sein Gedächtnis ...
Richter sind gemäß Art. 20 Abs. 3
und Art.
97 Abs.1 GG unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden.
Eingestellt und befördert werden sie allerdings von Politikern. Bund
und die verschiedenen Bundesländer haben dazu zwar unterschiedliche
Verfahren, aber mehr oder weniger beruhen diese Verfahren auf
sogenannten Wahlausschüssen
(Kritik in den Fußnoten lesen) in denen meist überwiegend oder
sogar ausschließlich Politiker vertreten sind. Manchmal entscheidet
auch direkt der der jeweilige Justizminister mit Einspruchsmöglichkeit
eines Wahlausschusses oder ähnlich.
Manch ein Richter bleibt sein Leben lang Amtsrichter. Das muss kein
Zeichen mangelnder Qualifikation sein. Es kann im Gegenteil auch
bedeuten, dass er sich tatsächlich stur an Recht und Gesetz gehalten
und aktuelle politische Strömungen konsequent ignoriert hat.
Andere fallen die Karriereleiter geradezu hinauf ...
Ich kann mich an einen Landesjustizminister erinnern der bezüglich des
damaligen Chefs des Amtsgerichtes X sagte, dass dieser auf lange Sicht
als Landgerichtsdirektor in Z vorgesehen sei aber vorher auch noch
einige Jahre Erfahrung als Chef des Amtsgerichts Y sammeln sollte.
Karriereplanung auf 5-10 Jahre voraus von oben herab!
Erinnert an den alten Witz „Das ist der Sohn vom Chef. Er soll wie alle
anderen behandelt werden und sich bis Jahresende dann zum
Abteilungsleiter heraufarbeiten“.
Man erinnere sich auch wie flexibel sich manch gestandener Richter zur
Nazizeit oder in der DDR und später wieder in der Bundesrepublik
angepasst hat.
Richter beginnen als Richter auf
Probe bevor sie nach einigen Jahren meist zum Richter auf
Lebenszeit ernannt werden. Während der Probezeit können sie entlassen
werden. Entsprechend vorsichtig verhalten sie sich und oft werden sie
in dieser Zeit von älteren Kollegen „passend zurechtgebogen“. Je nach
Kollegen kann das in die eine oder andere Richtung erfolgen ...
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Richter während ihres Arbeitslebens die
Laufbahn vom Richter zum Staatsanwalt oder zurück wechseln. Es wird oft
kritisch hinterfragt ob darunter nicht die richterliche Unabhängigkeit
leidet.
Für Schäden die ein Richter verursacht haftet im Prinzip der Staat.
Strafrechtlich wäre Rechtsbeugung
denkbar. Die Erfolgschancen einer zivilrechtlichen Klage bzw.
strafrechtlichen Anzeige sind aus verschiedenen Gründen in der Praxis
minimal.
In Krimis ist fast nur von der Aufklärungsarbeit der Polizei die Rede.
Tatsächlich ist es aber die Staatsanwaltschaft
die im Hintergrund die
Fäden zieht. Sie bestimmt den Lauf der Ermittlungen und ob und welche
Anklage gegen wen erhoben wird.
In Deutschland sind Staatsanwälte weisungsgebunden (§ 146 GVG oder hier.)
Oberster Vorgesetzte ist der Justizminister des Bundes bzw. des
Bundeslandes (mal suchen nach z.B: Justizminister entlässt
Generalbundesanwalt).
Warum das so wichtig ist? Polizei ermittelt nur. Gerichte entscheiden
nur über Fälle die durch Anklageerhebung bis zum Gericht gelangen.
Die Staatsanwaltschaft dagegen ist das Bindeglied das entscheidet
welche Fälle überhaupt an Gerichte weitergeleitet werden. Die können
mithin
bestimmte Personen ganz nach politischer Opportunität wegen
Nichtigkeiten mit Strafprozessen überziehen oder aber Fälle unter den
Tisch kehren (angeblich fehlendes öffentliches Interesse, nicht
eindeutig aufzuklären, usw.).
Dazu braucht es üblicherweise gar keine konkreten Weisungen von oben.
Die meisten Staatsanwälte wissen von alleine was gerade gewünscht und
nicht gewünscht wird. Bei Bedarf gibt es dazu Ratschläge und Gutachten
von oben. Und wenn das nicht hilft werden sie z.B. vor Abschluss eines
Falls versetzt. Der neue Sachbearbeiter muss sich neu
einarbeiten und will auch mal befördert werden oder wird vor Abschluss
auch wieder versetzt … Irgendwann hat
sich die Sache dann von selbst erledigt (Verjährung, Alter der
Beschuldigten, Tot von Zeugen, usw.)
Das Weisungsrecht wird offiziell mit Hinweis auf das Legalitätsprinzip
verteidigt. Danach wird auch das Vorgehen von Staatsanwälten durch
Vorschriften (Gesetze) zwingend geleitet. In der Praxis kollidiert das
aber eben manchmal mit Weisungen von oben und so haben sich diverse
umstrittene und von außen kaum durchschaubare Methoden entwickelt.
Manchmal wird auch spitzfindig argumentiert, die Weisungsgebundenheit
könne schon deshalb nicht rechtswidrig sein weil sie ja im Gesetz steht.
Der EuGH hat inzwischen mehrfach das
Weisungsrecht gerügt und festgestellt, dass deutsche Staatsanwälte
nicht die europäischen Anforderungen an eine „unabhängige
Justizbehörde“ erfüllen.
Theoretisch gibt es in einigen Fällen auch Möglichkeiten, Fälle ohne
die Staatsanwaltschaft und sogar gegen ihren Willen vor Gericht zu
bringen (Klageerzwingungsverfahren, Privatklage, Zivilprozess).
Praktisch ist das jedoch sehr aufwendig und meistens erfolglos. Wie
soll man z.B. gegen die Staatsanwaltschaft an notwendige Beweise
kommen? Wie kann man die Staatsanwaltschaft dazu bringen, nachdem man
sie erfolgreich zur Klageerhebung gezwungen hat, eine überzeugende
Anklage zu formulieren wenn sie eben nicht ernsthaft anklagen wollen?
Ein beliebtes Mittel seitens Staatsanwaltschaften ist auch, nach
Anzeigen einfach keinen richtigen Bescheid zu erteilen bzw. diesen auf
praktisch
ewig zu verzögern. Ohne Bescheid kann man aber kein Rechtsmittel
einlegen.
Diese Methode ist in der deutschen Bürokratie sehr beliebt und wird
von den meisten Mitbürgern nicht durchschaut.
Typisches Beispiel. Jemand verfolgt ein genehmigungspflichtiges
Vorhaben, z.B. ein Bauvorhaben. Darauf bekommt er eine formlose Absage,
eventuell mit einem Zusatz wie „Bitte teilen Sie mit ob Sie einen
formalen Bescheid wünschen. Dieser würde allerdings XXX Euro kosten“.
Viele Mitbürger akzeptieren das und sind dem Amt oft sogar für den
scheinbaren Spartipp dankbar. Der Hintergrund dieses vermeintlich
bürgerfreundlichen Verhaltens ist jedoch folgender: Die Behörde erspart
sich dabei eine Begründung (mit der sie möglicherweise erhebliche
Schwierigkeiten hätte), und der Bürger kann nicht klagen. Klagen kann
man nämlich nur gegen einen richtigen Bescheid und nicht gegen einen
derartigen formlosen Hinweis.
Zurück zu Staatsanwaltschaften. In anderen Staaten gibt es teilweise
sehr wirkungsvolle Methoden wie pretrial discovery und subpoena um auch
ohne Mithilfe von
Polizei oder Staatsanwaltschaften an Beweismittel zu kommen.
Staatsanwälte werden dort oft gewählt und sind deshalb nicht von
Politikern
abhängig.
In manchen Ländern darf ein staatlicher Staatsanwalt nicht
einmal selbst die Anklage vor Gericht vertreten. Der Staat muss dort
einen normalen Anwalt als Vertreter der Anklage beauftragen. Anwälte
können dort deshalb heute als Verteidiger und morgen in einem anderen
Fall als Ankläger auftreten.
In Frankreich sind entscheidende Aufgaben der Staatsanwaltschaft einem
wirklich unabhängigen Untersuchungsrichter
zugeordnet. Diese sind bekannt dafür immer wieder auch ziemlich rigoros
gegen Politiker vorzugehen.
Normale Bürger sind verpflichtet vor Gericht als Zeuge auszusagen (Ausnahmen z.B. für
nahe Verwandte oder bei Gefahr eigener Strafverfolgung). Beamte und
ähnliche Staatsdiener dagegen dürfen nur mit Erlaubnis ihres
Vorgesetzten aussagen (§
54 StPO und §
37 BeamtStG).
Das ist in der Regel kein Problem wenn z.B. Polizisten gegen einen
Bürger aussagen. Wenn dagegen ein Bürger gegen den Staat klagt und
einen Beamten als Zeuge benennt wird die notwendige Aussagegenehmigung
gerne übersehen, verschleppt oder direkt verweigert.
Der Bürger kann diese Aussagegenehmigung zwar oft mit Erfolg einklagen,
aber das erfolgt wegen Kosten und Nerven nur selten.
Und bei Vorwürfen gegen die „ganz hohe Politik“ bleibt maximal ein
sogenannter parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Die enden in der
Regel mit mindestens zwei unterschiedlichen Beurteilungen und haben
keine bindenden Folgen. Außer vielleicht Eindruck beim Wähler weil
eventuell einige bisher unbekannte Details ans Licht gekommen sind.
In manch anderen Ländern sind dagegen Razzien auch in oberen Büros und
wirksame Druckmittel zur Aussageerzwingung auch gegen höchste Beamte an
der Tagesordnung. Abgesehen davon, dass es in vielen Ländern gar kein
vergleichbar umfangreiches Berufsbeamtentum gibt.
In Frankreich wurden schon ehemalige Minister und ein ehemaliger
Staatspräsident von ganz normalen Gerichten wegen illegaler
Parteifinanzierung verurteilt. In Deutschland undenkbar. Schon deshalb
nicht weil die deutschen Großparteien ganz legal aus der
Staatskasse gesponsert werden.
Gerichtsverhandlungen sind,
mit einigen begründeten Ausnahmen, gemäß Gerichtsverfassungsgesetz öffentlich (GVG § 169-177).
Von juristischen Laien wird dabei allerdings übersehen, dass ein
Gerichtsverfahren nicht nur aus der Verhandlung besteht. Während im
Strafverfahren alle Schriftsätze verlesen werden sind die Schriftsätze
im Zivilverfahren für Außenstehende in der Regel nicht einsehbar.
Manche Zivilverfahren werden sogar vollständig schriftlich und damit
bis auf das Urteil „geheim“ geführt.
Allgemein fast
unbekannt ist auch das Beratungsgeheimnis
(DriG § 43).
In den meisten Gerichten gibt es dazu sogar einen separaten, isolierten
Beratungsraum. Beraten wird nicht nur nach Abschluss der Verhandlung
das Urteil, sondern manchmal wird die Verhandlung auch unterbrochen um
über prozessleitende Details zu beraten. Da zunehmend Einzelrichter
tätig sind ist dies jedoch immer seltener nötig.
Ich kann mich aber z.B. an eine Verhandlung am OLG Koblenz erinnern in
der die Richter gefühlt die Hälfte der Zeit in ihrem Beratungszimmer
verbrachten bis der Vorsitzende Richter bei seinen beiden Kollegen
seine Meinung über was und wie Beweis erhoben werden sollte
durchgesetzt hatte. Das Ergebnis war dann eine Beweisaufnahme die
nichts erbringen konnte und wohl auch nicht sollte (es ging um eine
Klage gegen Vater Staat).
Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten gibt es in Deutschland schon
lange keine echten Jury-Gerichte
(Geschworenengerichte) mehr (anders in Österreich). Die noch
vorhandene Bezeichnung „Schwurgericht“ ist historisch zu verstehen.
Statt Geschworenen gibt an deutschen Gerichten in bestimmten Fällen
zusammen mit Berufsrichtern ehrenamtliche Richter („Laienrichter“). Bei
Strafsachen handelt es sich um „Schöffen“ (Schöffengericht) und auch
bei Handelsgerichten kann es erfahrene Kaufleute als ehrenamtliche
Handelsrichter geben.
Ehrenamtliche Richter sind für einen längeren Zeitraum und damit auch
für eine Vielzahl von Fällen als Richter tätig und in ihren Befugnissen
normalen Berufsrichtern nahezu gleichgestellt. Dadurch ist wohl
unvermeidbar, dass sie mit der Zeit zu „Profis“ werden.
Das ist im Ergebnis genau das Gegenteil eines echten Jury-Gerichts.
Dort sollen eben keine prozesserfahrenen Profis sondern normale
Mitbürger in einem einzelnen Fall ihre unbeeinflusste Meinung
einbringen.
Echte Geschworenengerichte werden in Deutschland oft herablassend als
überholt betrachtet. Der wahre Grund dürfte Angst der Behörden davor
sein, die Herrschaft über die Verfahren zu verlieren.
Nach meiner Meinung wären sie in gewissen Fällen mit Staatsbeteiligung
bzw. dem Justizapparat sehr zweckmäßig. Damit meine ich nicht die
typische Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dort läuft es überwiegend
nachvollziehbar.
Aber bei Schadenersatzansprüchen gegen den Staat, Streitigkeiten
bezüglich Anwaltskosten, und vor allem Strafsachen in Richtung
Rechtsbeugung herrscht an einigen Gerichten ein derartiger Filz, dass
man dort von einem Stillstand der ordnungsgemäßen Rechtsprechung
sprechen könnte.
Beispiel: In einem Erbschaftsstreit forderte das Gericht die
Klägerseite auf,
noch eine Erklärung nachzureichen. Der Kläger übergab diese Erklärung
seinem Anwalt aber dieser vergaß sie an das Gericht weiterzuleiten.
Daraufhin wurde der Prozess verloren mit der Begründung des Gerichts,
der Kläger hätte die angeforderte Erklärung nicht beigebracht.
Für Nichtjuristen: Es handelte sich um ein Landgericht und dort
herrscht gemäß § 78 ZPO
Anwaltszwang. Das
bedeutet, die Parteien (Kläger bzw. Beklagter) dürfen nur über einen
Anwalt mit dem Gericht kommunizieren. Mitteilungen direkt von einer der
Parteien muss das Gericht wegen fehlender Postulationsfähigkeit
ignorieren.
Nun verklagte der Kläger seinen Ex-Anwalt wegen der Unterlassung. Auch
dieser Prozess ging verloren. Das gleiche Gericht meinte nun, der
Anwalt wäre nicht verpflichtet gewesen diese Erklärung ans Gericht
weiterzuleiten. Gleiches Ergebnis nach Berufung.
Jetzt verklagte der Kläger das Bundesland Niedersachsen als Träger des
Landgerichts
weil ihm das Rechtliche Gehört verwehrt worden war (vgl. Rechtliches
Gehör weiter oben).
Er hatte verloren weil er nicht vorgetragen hatte. Aber er selbst
durfte beim Landgericht ja gar nicht vortragen. Sein Anwalt hätte
vortragen können aber er musste angeblich nicht vortragen. Wie hätte
der Kläger
da vortragen können?
Auch dieser Prozess ging verloren. Die Begründungen der Gerichte kann
man als sinnlose Aneinanderreihung von Leerphrasen bezeichnen. Manchmal
werden in solchen Situationen auch einfach Teile von anderen Urteilen
oder Gesetzeskommentaren ohne jeden Bezug zum aktuellen Fall als
Begründung abgetippt. Oder, zugegeben das sind extreme Einzelfälle,
gibt es nur ein launisches „Tja, dumm gelaufen“ oder ähnlich als
Begründung.
Der juristische Laie, der in seinem Leben, falls überhaupt, nur die
eine oder andere ausführlich begründete Entscheidungen zu einem großen
Fall gelesen oder aus der Presse vernommen hat, kann sich überhaupt
nicht vorstellen wie die Realität in Alltagsfällen an einigen Gerichten
abläuft.
Außer den direkt Beteiligten gibt es in der Praxis bei solchen Fällen
fast nie Zuschauer im Gerichtssaal. Gerichte, die sich an sich
gegenseitig kontrollieren sollten (AG, LG, OLG), sitzen oft im gleichen
Gebäude. Benutzen gelegentlich sogar die gleichen Gerichtssäle. Es gibt
einen weitgehend geschlossenen Kreis örtlich tätiger Anwälte. Ein
Richter
war früher Staatsanwalt und ist mit Richterin verheiratet deren Vater
eine örtliche Anwaltskanzlei hat. Bruder ist Redakteur des Lokalblatts,
etc. etc.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Sache bis an ein Bundesgericht kommt,
ist minimal. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie dort korrigiert wird,
ist nochmals kleiner. Und wenn doch dann hat man sich eben geirrt. Kann
ja auch bei sorgfältigster Arbeit mal vorkommen ...
Abgesehen davon verstehen Nichtjuristen (und leider auch viele
Juristen) gekonnt ausformulierte Juristensprache sowieso nicht („Hab
ich jetzt eigentlich gewonnen oder verloren?“).
Obiger Fall ging dann übrigens weiter über das BVerfG bis nach
Straßburg zum EGMR. Und dort, wie leider nicht anders zu erwarten und
oben schon beschrieben, keinerlei Entscheidung und keine Begründung
dafür.
Keins der mit der Sache befassten Gerichte wollte die einfache Frage
beantworten, wie der Kläger die geforderte Erklärung dem Gericht
vortragen hätte können.
Es gäbe in der Theorie durchaus Möglichkeiten solche Verfilzungen schon
auf einer unteren Stufe zu korrigieren. Man könnte
z.B. für Rechtsmittel eine deutlich getrennte örtliche
Zuständigkeit festlegen. Also z.B. Berufungen gegen norddeutsche
Urteile in Süddeutschland und umgekehrt. Aber das würde bereits am
deutsche Föderalismus scheitern. Justiz ist im
wesentlichen Ländersache. Und die geben nichts her ...
Die vorhandenen Bundesgerichte sind leider keine Hilfe. Der BGH als
Revisionsgericht kann aus formalen Gründen meist nicht angerufen
werden. Und das BVerfG, das an sich genau solche Fälle verhindern bzw.
korrigieren sollte, verweigert sich durch die oben beschriebene
Nichtannahmepolitik. Damit fördern sie im Grunde derartige
Entgleisungen.
Kurz gefasst: Korpsgeist der Justiz mit sehr beschränkter Bereitschaft
zur Fehlerkorrektur!
Oder eben doch Geschworenengerichte für die genannten Fälle wie z.B.
Rechtsbeugung.
Und bezüglich Rechtsbeugung komme ich auf meinen Vorschlag von oben zum
Abänderungsverbot zurück: Gerichte müssten einen Entwurf des Urteils
vorlegen und die Parteien haben z.B. 7 Tage Zeit auf Irrtümer im Urteil
hinzuweisen. Wenn das Gericht dann einem eindeutigen Fehler nicht
abhilft ist es kein „Irrtum“ mehr sondern Rechtsbeugung.
Streitigkeiten zwischen Rechtsanwälten und ihren Ex-Mandanten über
Kunstfehler (vgl. Beispiel oben) und Honorarstreitigkeiten. Den
Mandanten als Nichtjuristen fehlen die Kenntnisse, Anwälte die
ernsthaft gegen Kollegen klagen sind selten, und Gerichte winken solche
Fälle gern zugunsten der Anwälte durch.
Bezüglich Schadenersatzklagen und ähnliches gegen den Staat dürfte die
Notwendigkeit gesonderter Gerichte ohne weitere Begründung verständlich
sein.
Ich glaube auch nicht, dass sich dadurch der Arbeitsanfall insgesamt
erhöhen würde. Sobald die Gerichte wüssten, dass bestimmte Dinge nicht
mehr mit hoher Wahrscheinlichkeit durchgehen sondern korrigiert werden,
dann werden sie auch gleich sorgfältiger arbeiten.
„Private Schiedsgerichte“ werden
in Deutschland sehr kontrovers diskutiert. Angeblich handelt es sich um
„Geheimgerichte“. Tatsächlich werden Gerichtsverfahren über Zivilsachen
aber auch in Deutschland in aller Regel überwiegend oder vollständig
als Schriftsatzverfahren geführt und sind insofern „geheim“. Mithin
keine Änderung.
Weiter wird kritisiert, dass es sich um Sondergerichte ohne die
normalen staatlichen Gesetze und Richter handele.
Aber ist es nicht verständlich wenn jemand der z.B. gegen einen Staat
klagt ein Gericht vorzieht, bei dem die Richter nicht Mitarbeiter der
Gegenseite auf Lebenszeit sind?
Bei „privaten Schiedsgerichten“ werden nach bestimmten Regeln z.B. von
jeder Seite je 2 Richter bestimmt. Dazu kommt dann noch ein
„Neutraler“. Und angewendet werden von einer Vielzahl von Staaten im
Konsens bestimmte Regeln statt den Gesetzen einer Seite.
Hauptsächlich gibt es 2 Anwendungsfälle für derartige Schiedsgerichte:
- Die Zuständigkeit von Schiedsgerichten wurde vorab zwischen den
Parteien (z.B. 2 Unternehmen) vertraglich vereinbart. In diesen Fällen
handelt es sich um nichts anderes als eine Ausgestaltung von AGBs.
- Es liegt ein völkerrechtlicher
Vertrag (z.B. Investitionsschutzvertrag) vor der die Anrufung
solcher Schiedsgerichte vorschreibt bzw. erlaubt.
Inzwischen haben einige europäische Gerichte jedoch versucht, die
Anwendung dieser Verträge einzuschränken bzw. zu untersagen.
Aus Sicht der betroffenen Unternehmen ist es jedoch nachvollziehbar
unfair, ein Unternehmen mit Sicherheitszusagen zu Investitionen in
einem Staat zu überreden, und anschließend lässt dieser Staat von
eigenen Gerichten feststellen, dass die Sicherheitszusagen ungültig
seien.
Bei sauberem Vorgehen muss der Staat erst den völkerrechtlichem Vertrag
kündigen. Und dabei sind Kündigungsfristen und Rückwirkungsverbote
zu beachten.
In praktisch jedem Staat gibt es einige berühmte Fehlurteile. Fast immer geht es um
Strafsachen obwohl es natürlich auch in Zivilsachen Fehlurteile gibt.
Das Problem ist, dass viele, vermutlich sogar die meisten Fehlurteile,
nie bekannt werden bzw. irgendwie unter den Tisch gekehrt werden.
Entsprechend gibt es keine brauchbaren Statistiken.
In Deutschland denkt man bei dem Thema vor allen an den Fall Vera Brühne.
Es gab keine ernsthaften Ermittlungen da alles nach Selbstmord aussah.
Die Polizei benutzte sogar die vorgefundene vermutliche Tatwaffe um den
ausgehungerten Hund des Opfers zu erschießen. Erst als es Wochen später
Streit wegen des
Testaments gab untersuchte
man genauer und entdeckte, dass der vermeintliche Selbstmörder 2
Einschüsse im Kopf hatte. Inzwischen aber waren alle Spuren verwischt
und mögliche Beweismittel verschwunden. Statt die Ermittlungspanne
einzugestehen wurden einfach die nächst greifbaren Verdächtigen
verurteilt.
Ja, sie können es gewesen sein. Oder auch nicht. Nach solch schlampigen
bzw. unterlassenen Ermittlungen kann man aber eben gar keinen mehr
verurteilen.
Fall
Rudolf Rupp. Verurteilt weil sie den Vermissten angeblich getötet,
zerstückelt und an Hunde verfüttert hatte. Später wurde das
angeblich Opfer auf dem Fahrersitz seines Auto in der Donau gefunden.
Er war betrunken in den Fluss gefahren...
Die meisten solchen Fehlurteile kommen zustande weil das Gericht ohne
ernsthafte Prüfung einfach die Vorträge von Polizei/Staatsanwaltschaft
übernimmt.
Bzw. im Zivilprozess entsprechend Schriftsätze einer Partei. Ich kann
mich an ein Verfahren erinnern wo das Gericht als Urteilsbegründung
Schriftsätze des beklagten Ministeriums wortwörtlich einschließlich
Tippfehlern abgeschrieben hatte. Kommentar des BVerfG dazu „Zur
Unabhängigkeit eines Richters gehört auch die Freiheit abzuschreiben wo
er will“.
Oft spielen auch unter Druck oder mittels Versprechungen (Freilassung
aus U-Haft) erreichte Geständnisse eine Rolle. Viele Verdächtige denken
bzw. es wird ihnen erzählt, sie könnten ihr Geständnis ja später
widerrufen und ein Gericht würde die Angelegenheit dann ausführlich
untersuchen.
Ja, Widerruf eines Geständnisses ist im Prinzip möglich. Aber mit so
vielen Fallstricken verbunden dass man es besser nicht darauf ankommen
lässt. Weiteres
Beispiel.
Fairerweise hier auch ein Beispiel wo
ein Gericht abstruse Anklagen nicht einfach abgenickt sondern die
Angeklagten freigesprochen hat.
In diesem Zusammenhang muss eine weitere Absurdität des deutschen
Rechtssystems erwähnt werden: Wer kein Geständnis ablegt wird fast
nie vorzeitig entlassen.
Wer allerdings ein falsches Geständnis ablegt erhält, wenn er sich dann
doch als unschuldig erweist, keine
Haftentschädigung. Denn er hat durch sein falsches Geständnis seine
Verurteilung angeblich mitverschuldet.
Was soll einer, der tatsächlich unschuldig ist, bei diesem System
machen?
Nicht gestehen bedeutet volle Strafe absitzen.
Gestehen bedeutet keine Entschädigung wenn sich später seine Unschuld
erweist.
Das Netz ist voll mit Infos und Vermutungen zum Thema Fehlurteile/Justizirrtümern.
Damit soll hier genug sein. Nur noch etwas was mir immer wieder
auffällt:
- Das Rechtssystem in Frankreich ist sowohl in Theorie als auch in
Praxis meist besser als in Deutschland. Trotzdem sind viele Franzosen
misstrauisch und wittern ständig Manipulationen, geheime Absprachen,
Vertuschungen,
Hintergründe, usw.
- In Deutschland ist es genau anders herum: Das Rechtssystem ist
schwächer, teilweise gibt es immer noch die gleichen Systemfehler wie
zur Kaiser- oder Nazizeit oder in der DDR. Aber viele Deutsche sind der
festen
Überzeugung, dass es in Deutschland noch am besten steht und allen
anderen dagegen noch Nachholbedarf hätten.
Der Glaube, dass der Staat die Dinge am besten regeln kann, ist in
Deutschland kaum tot zu kriegen. Oben brachte ich das Beispiel der Altenpflegerin
als Whistleblowerin die erst am EGMR Recht bekam. Bei
den zahlreichen Diskussionen dazu im Netz tauchte immer wieder die
Forderung auf, Einrichtungen wie Altersheime müssten staatlich sein um
derartige Vorfälle zu verhindern.
Das betroffene Altersheim ist "staatlich" denn das Unternehmen gehört
dem Land Berlin ...
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