Daten
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Tatsächlich gemessene Daten gibt es erst seit rund 150 Jahren. Anfangs gab es nur wenige Messstationen und diese waren fast alle auf der Nordhalbkugel. Mit der späteren Zunahme der Messstationen ergab sich z.B. der Effekt, dass es immer öfter Rekordwerte gibt.
Keine Zauberei, sondern wenn man 1000 statt 10 Messstationen hat ist die Wahrscheinlichkeit, öfter irgendwo einen neuen Rekord zu messen, einfach höher.

Weiterhin gab es häufig Anlass, gemessene Werte später zu „korrigieren“. Das muss nicht immer Manipulation sein sein sondern kann durchaus sinnvoll sein.
Nehmen wir einmal an, eine Station stand früher in der freien Natur und heute ist dort städtische Betonwüste. Da wird dann entweder der gemessene Wert irgendwie „korrigiert“ oder die Station wird örtlich etwas versetzt.
Beides ist einerseits sinnvoll, andererseits eröffnet es Manipulationsspielraum. Manche Werte wurden im Laufe der Zeit mehrfach „korrigiert“. Oft ist nicht mehr feststellbar welches der ursprünglich gemessene Wert war.

Für länger zurückliegende Zeitpunkte als es noch gar keine Messungen gab wird versucht, Rückschlüsse aus z.B. Baumringen zu ziehen. Aber auch da „korrigieren“ manche Forscher weil es Theorien gibt, dass Baumringe, Eisbohrkerne usw. für manche Zeiträume falsch anzeigen. Andere korrigieren da nicht.

Bei Durchschnittswerten wird gerne die Gewichtung von z.B. Orten, Land, Meer, Luft in verschiedenen Höhen geändert.
Oder man dreht an den Zeiträumen. Schon wenn man Jahresdaten statt von Januar bis Dezember von Juli bis Juni aufaddiert kann eine grafische Darstellung einen anderen Eindruck machen.
Da kann sich dann jeder ganz nach Bedarf etwas zurecht suchen und dann mittels Glättung und Maßstab weiter „verfeinern“.
Insbesondere scheint es da eine Tendenz zu geben, die Temperaturen des vergangenen Jahrhunderts runter zu rechnen. Dadurch erscheint der aktuelle Anstieg steiler.

Ich bezweifle nicht, dass wir seit einigen Jahren einen eindeutigen Temperaturanstieg erleben. Aber möchte zeigen, dass es viel Spielraum zum Darstellen des Ausmaßes und der Details gibt. Oder schlicht Verwirrung.

Einerseits findet man im Netz z.B. die Angabe, dass die Niederschläge in Deutschland seit 1881 im langfristigen Schnitt um 7% zugenommen haben.
Anderseits findet sich die Aussage, dass die Böden im Schnitt immer dürrer geworden sind.
Ich gehe davon aus, dass beide Angaben auf zutreffenden Zahlen beruhen. Aber das Beispiel zeigt wie verwirrend oder gar gegensätzlich man mit Zahlen argumentieren kann.

Ende Juli 2023 ging die Meldung durch die Presse, dass im Mittelmeer mit etwas über 28 Grad die bisher höchste Wassertemperatur gemessen wurde.
Etwa gleichzeitig fanden sich auf diversen Tourismusseiten Angaben zur Wassertemperatur an bekannten Mittelmeerküsten von bis zu 32 Grad.

Wetter und Klima: Wetter sind kurzfristige Zustände. Klima bezeichnet dagegen den typischen Wetterablauf über einen längeren Zeitraum. Meist werden 30 Jahre als Zeitraum benutzt. Diskussionen ob bestimmte Wetterereignisse „nur Wetter“ oder „schon Klima“ sind, sind an der Tagesordnung.

Ebenso häufig sind Diskussionen ob es sich nur um regionale Ereignisse oder überregionale oder gar weltweite Trends handelt.

Man kann also nicht davon ausgehen, dass es „definitiv richtige Daten“ gibt. Selbst scheinbar einfache Tabellen oder Grafiken zu Temperaturen können unterschiedlich ausfallen und umstritten sein.

Es gab zu dem Thema sogar schon Prozesse die man leicht für Satire halten könnte.

Michael E. Mann vs. Timothy Ball
Verleumdungsklage vor dem obersten Gericht von British Columbia in Vancouver (Kanada).
Eingelegt am 25.2.2011, kostenpflichtig abgewiesen am 22.8.2019.

Dr. Michael Mann ist Urheber der sogenannten Hockeyschläger-Klimakurve. Dabei handelt es sich um eine relativ gerade Querlinie die am rechten Ende steil ansteigt. Sie soll aufzeigen, dass die Temperatur in den letzten 1000 Jahren weitgehend konstant war und dann seit einigen Jahrzehnten steil ansteigt.
Diese Kurve ist, je nach Darstellung, offensichtlich durch Wahl des Zeitraums, der Glättung, des Maßstabes und andere Methoden „bereinigt“ denn es gab auch in diesen 1000 Jahren durchaus erhebliche Temperaturschwankungen. Ob man das als noch zulässig betrachtet um einen bereinigten Trend zu zeigen oder als manipuliert ansieht ist sicherlich diskussionswürdig.

Dr, Timothy Ball hat dagegen eine wesentlich zackigere Linie vorgelegt um zu zeigen, dass es in diesen 1000 Jahren mehrfach deutliche Temperaturschwankungen gab.
Ball, bekannt für eine manchmal etwas drastische Ausdrucksweise, hat daraufhin Mann Manipulation vorgeworfen und u.a. sinngemäß geäußert, Mann gehöre dafür eher ins Gefängnis statt auf einen Lehrstuhl.
Daraufhin hat Mann Ball wegen Verleumdung zivilrechtlich verklagt. Diese Klage wurde nach über 8 Jahren 2019 abgewiesen als Mann versuchte, eine weitere Verschiebung bis 2021 zu erreichen.

Bezüglich dieser Klage gibt es im Netz zahlreiche Verdrehungen:

Behauptung: Mann hat den Prozess nicht verloren. Es gab kein Urteil.
Fakt: Mann war Kläger, seine Klage wurde abgewiesen (dismissed) und er musste die Kosten tragen. Mithin hat er verloren.

Behauptung: Mann hat nur aus formalen Gründen verloren weil er es versäumt hatte bestimmte Unterlagen vorzulegen.
Fakt: Der Prozeß zog sich über mehr als 8 Jahre in denen Mann immer wieder aufgefordert wurde seine Klage zu begründen. Laut Gericht hat er im Laufe des Verfahrens 4 Ordner mit Belanglosigkeiten (completely irrelevant evidence) gefüllt ohne seine Klage jemals wirklich zu begründen. Dieses Versäumnis war schuldhaft (the delay is inexcusable).

Behauptung: Das Gericht hat gar nicht verlangt dass Klimadaten vorgelegt werden.
Fakt: Als Kläger hätte Mann seine Klage begründen müssen. Das Gericht ist neutral und darf dem Kläger keine Tipps geben was genau er vortragen und vorlegen muss um mit seiner Klage Erfolg zu haben.

Behauptung: Die Daten wären damals schon seit Jahren im Netz einsehbar gewesen. Gleichzeitig liegen aber umfangreiche Stellungnahmen diverser Gremien vor, in denen die Entscheidung, Daten und Methoden nicht rechtzeitig offen zu legen, bedauert wird.
Fakt: Ball hat genau die veröffentlichten Daten als manipuliert bezeichnet. Die Tatsache, dass Daten im Netz hängen, beweist nicht, dass sie nicht manipuliert sind. Und weitere Daten konnte Ball nicht detailliert kritisieren, eben weil sie nicht bekannt waren.
Konkrete Angaben, um seine Veröffentlichungen zu stützen und damit den Vorwurf der Datenmanipulation zu widerlegen, hat Mann trotz mehrfacher Fristsetzung seitens des Gerichtes nicht vorgelegt.

Behauptung: Die Klage wurde nur wegen des Alters von Ball nicht mehr behandelt.
Fakt: Ball war damals knapp 81 und krank (er starb 2022). Mehrere benannte Zeugen waren in den inzwischen mehr als 8 Jahren Prozessdauer verstorben bzw. nicht mehr reisefähig. Mann hat das Verfahren bewusst verschleppt (the delay is inexcusable) um Ball ständig unter Druck zu halten (Dr. Ball … had this action hanging over his head like the sword of Damocles for eight years …).
In den meisten Ländern wäre dieses Verfahren viel früher als „rechtsmissbräuchlich“ eingestellt worden. Der Richter in Kanada hat sich nur höflicher ausgedrückt.

Behauptung: Es wurde nicht über Klimatheorien entschieden.
Fakt: Richtig. Es ging nur darum ob die Behauptung, Mann hätte die Daten manipuliert, eine zulässige Beurteilung oder unzulässige Verleumdung war.
Mann hat die Klage zwar angeleiert, dann aber nichts zur Sache vorgetragen sondern ständig das Verfahren verzögert. Warum macht man so etwas wenn man seiner Sache sicher ist? Es wäre die Gelegenheit gewesen die Richtigkeit der eigenen Darstellung zu belegen.

Originale Kurzfassung der Gerichtsentscheidung:
https://www.bccourts.ca/jdb-txt/sc/19/15/2019BCSC1580.htm

Außerhalb des Prozessgeschehens tauchte eine Email mit Bezug auf Dr. Mann auf in der es heißt "I've just completed Mike's Nature trick of adding in the real temps to each series for the last 20 years (ie from 1981 onwards) and from 1961 for Keith's to hide the decline." Und einige weitere mindestens sehr unterschiedlich zu interpretierende Emails.

Da wird entgegen gehalten, dass diese Emails aus einem illegalen Hack stammen und mit den Ausführungen anerkannte statistische Verfahren gemeint seien. Dazu wurde auf zahlreiche Stellungnahmen von Wissenschaftlern verwiesen, dass solche „Nachbearbeitungen“ von Daten üblich und wissenschaftlich nicht zu beanstanden seien.
Was auf den ersten Blick wie eine Entlastung aussieht war juristisch allerdings ein kapitales Eigentor. Denn damit wurde ja bestätigt, dass in der Branche diverse „Nachbearbeitungen“ von Daten nicht unüblich sind.
Und damit wiederum war auch nicht mehr zu beanstanden, dass andere Wissenschaftler auf diese „Nachbearbeitungen“ hinweisen und sie heftig kritisieren. Kurz: Der Verleumdungsvorwurf gegen Dr. Ball war nicht mehr zu halten.
Die Vermutung liegt nahe, dass der Anwalt von Mann die Gefahr erkannte und deshalb auf Verzögerung setzte.

Details zu dieser Email-Diskussion z.B. hier:
https://skepticalscience.com/print.php?r=120
http://www.hvonstorch.de/klima/Media/interviews/091218.orf.czepel-2.pdf

Was mir an dieser absurden Angelegenheit aufstößt:

- Die Verdrehungen zum Prozess und regelrechte Hetze im Netz gegen Dr. Ball. Ist womöglich auch der Rest der Klimadiskussion auf diesem Niveau?

- Wie soll man Dr. Mann und seine Gruppe ernst nehmen wenn sie zu solchen Mitteln greifen um Meinungsgegner einzuschüchtern statt die angeblich reichlich vorhandenen Sachargumente vorzutragen?

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